• „Weiß die gnädige Storchenfrau vielleicht, wo der Brunnen am Ende des Regenbogens ist?“
    Der Storch sah den Jungen wohlwollend an und klapperte:
    „Es ist in dem Schloss, an dessen Tor ein Brunnen gemalt ist. Das Schloss könnt ihr finden, wenn ihr den zwinkernden Augen auf den Dächern folgt.“
    Darauf flog der Storch weg und stellte sich auf einen hohen Schornstein auf ein Bein. Die Kinder verstanden, wenn die Dachfenster ihnen zuzwinkern, dann stimmt die Richtung, die sie eingeschlagen haben.
    So irrten sie mehrere Tage durch in der Stadt, ohne dass jemand ihnen den Weg zeigte. Sie konnten weder ans Essen und Trinken denken, sie dachten nur an ihre Mutter. Der Storch, den sie angesprochen hatten, beobachtete sie von Weitem, manchmal erschien er auf einem Dach und auf einem Bein stehend, da rief er: „Bleibt nicht stehen! Bleibt nicht stehen!“

    Die Namensschilder der Straßen waren unlesbar und so verwirrend, dass sie das Gefühl hatten, sie wären immer im Kreis gelaufen. Die Müdigkeit, der Hunger und die eisige Luft der kalten Nächte erschöpfte die beiden Kinder. Die Passanten sahen sie mitleidsvoll an. Manchmal öffnete sich ein Fenster, in dem eine Frau oder ein Mann erschien, sie ließen ein Eimer mit Wasser nach unten und sagten:
    „Kommt nur herein, esst was und ruht euch aus!“ Aber der Storch sah die Kinder immer besorgt von einem der nahen Dächer an und eine gewisse sonderbare Vorahnung sagte ihnen, dass sie die Einladungen ablehnen sollten.
    „Weißt du was?“ sagte der Junge zu dem Mädchen, „ich glaube auch die Bewohner dieser Stadt suchen ebenso wie wir den Brunnen. Aber sie haben ihn nicht gefunden, weil sie den freundlichen Einladungen nicht widerstehen konnten und so sind sie für immer hier geblieben.“

     
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